„Wir können die Welt nicht retten – aber diesen Baum“

Neuss (kle) „Ihr scheint wohl alle unempfindlich gegenüber der Hitze und Sonneneinstrahlung zu sein“, wundert sich Dieter Bienert. Recht hat er. Stehen wir an diesem Abend doch schon etwas länger um das kleine Birnenbäumchen auf der Fallobst-Wiese an der Westseite des 3M-Logistikzentrums herum und sprechen über das neue Projekt des NABU Jüchen. Und so wie Herr Bienert – Ansprechpartner vor allem für alle erdenklichen Fragen rund um Nisthilfen beim NABU Jüchen – kurz davor ist, einen Hitzschlag zu bekommen und auszutrocknen, so ergeht es mittlerweile vor allem allen jungen Bäumen in der Region. Im Extremfall trocknen sie während der wochenlangen Zeit ohne jeglichen Niederschlag mir nichts dir nichts aus. „Ratzfatz geht das manchmal“, moniert Bienert und stellt sich schließlich mit uns ein paar Meter weiter in den Schatten. Wir trinken einen Schluck Wasser. Einfach so. Einfach so können das Bäumchen und Bäume nicht. Stehen sie doch im wahrsten Sinne des Wortes angewurzelt an ihrem Platz und sind angewiesen auf Regen, und: auf uns.

Weil das so ist und das auch schon die Neandertaler, die Schreiber des Buches Genesis und die Alten Griechen wussten und alle Kita-Kinder wissen, startet der NABU Jüchen ein Baumpatenschaft-Projekt getreu nach dem Motto „Wir können die Welt nicht retten – aber diesen Baum“. Das nämlich steht auf dem Aufkleber, der auf einen der insgesamt 50 Baumbewässerungs-Säcke geklebt ist. Und hier befinden wir uns auch schon im Kern dieser Berichterstattung, denn: 3M, der milliardenschwere US-Technologiekonzern, dessen Haupt-Logistikzentrum sich direkt an der A46 im östlichen Industriegebiet Jüchens befindet, denkt nicht nur im Sinne des Profits, sondern denkt auch grün. Denken, so Bienert, sei zwar schön und gut, wäre dem NABU Jüchen jedoch nicht genug. Daher sei er froh darüber, dass das Traditionsunternehmen den Gedanken auch Taten folgen lasse und ihm und seinen Mitstreiter:innen beispielsweise diese Fallobstwiese als Ausgleichs-Fläche zur Verfügung stelle. Und nun das: Aufgrund der immer extremer werdenden und teils lang andauernden Trocken- und Hitzeperioden in der Jüchener Region sponsort 3M dem 25.000-Einwohnerstädtchen 50 Baumbewässerungs-Säcke vornehmlich für junge Bäume im Stadtgebiet, die Gefahr laufen, einen „Hitzschlag“ zu erleiden. Nun können sich die Mitglieder des NABU nicht um all diese 50 Bäumchen und Säckchen kümmern, daher werden händeringend Jücher:innen gesucht, die Zeit und Lust haben, eine Baum-Patenschaft zu übernehmen. Die Aufgabe ist denkbar einfach, so sollte man den Bewässerungs-Sack in etwa zwei- bis dreimal in der Woche mit Wasser auffüllen. Den Rest übernimmt die intelligente Konstruktion des Beutels und das Bäumchen selbst. Dazu hier noch eine Erläuterung, die unter den Bereich „Spezialwissen: Wie trinkt ein Baum eigentlich?“ fällt: Die Wurzeln junger Bäume besitzen noch nicht die Durchschlags-Kraft, um in tiefere Böden einzudringen und das dort eingesickerte Wasser aufzusaugen. Daher sind sie auf die obere Bodendecke angewiesen. Die allerdings ist wie „Flasche leer“. Und eine kurzzeitige Bewässerung dieser Oberflächen, so Bienert, sei wie der bekannte Tropfen auf den heißen Stein, weil das Wasser auf dem knochentrockenen Boden abperle, teils verdunste oder einfach irgendwo hinfließe. Die Wurzelspitzen des Bäumchens erreiche es aber nicht. Die Baumbewässerungs-Beutel mit einem Volumen von 60 Litern dagegen würden den Bäumen immens helfen. Denn grob betrachtet sorgen sie dafür, dass das Wasser kurz – und langfristig dahin gelangen kann, wo es hin soll. „Eine clevere Erfindung“, betont NABU-Mitglied Robert Daumen. Nein, die gesamte Welt retten werden wir nicht können. Aber anfangen könnten wir: mit der unseren.   


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