5 Seconds of Summer verbreiten positive Energie

Düsseldorf (kle) Ungewöhnlich mild ist es für Ende September am Rande der Oberbilker Allee um kurz nach acht. Sogar ein paar Grillen zirpen noch aus den Toreinfahrten. Das ist schön. Dagegen eher nicht so schön sieht der Vorplatz der Mitsubishi Electric Halle aus. Denn er ist übersät von kleinen Müllbergen aus Fastfood-Tüten und Kunststoff-Bechern. Einige Fans der australischen Pop-Rock-Band 5 Seconds of Summer (kurz: 5SoS), die im Rahmen ihrer Europa-Tour gestern Nacht auch einen Stopp in der Landeshauptstadt einlegte, haben schon Stunden vor Einlass auf dem Parkplatz der Konzerthalle campiert und es offensichtlich nicht so ernst mit dem Thema Nachhaltigkeit genommen.

In der Halle ist es voll. Und stickig. Das Publikum ist jung, hip, vornehmlich weiblich, und: auffällig smartphone-affin. Kein Wunder also, dass 5SoS auf Youtube mit dem Cover von Chris Browns und Justin Biebers Hit „Next 2 You“ bis heute über 4 Millionen Aufrufe erreichten. In kurzer Zeit bauten die vier Mittzwanziger der Band - Luke, Michael, Calum und Ashton - eine große Fangemeinde auf sozialen Netzwerken wie Twitter oder Facebook auf. Etwa 8000 dieser Gemeinde stehen heute Nacht vor der Bühne und spielen kurz vor Beginn des Konzerts mit bunten Luftballons. Das Leben ist eine einzige Party, könnte man meinen. Zumindest heute.

Und dann geht es endlich los. Der gewöhnliche Leinwand-Einspieler folgt: Winkt die Band gerade noch freundlich aus dem Backstage-Raum, fällt ein paar Sekunden später schon der Vorhang – es macht „Bäm, Bum Bäng“ – und schon steht sie leibhaftig vor ihren Fans und spielt „Bad Omens“. Ungewöhnlich: der Jubel. Oder besser gesagt: dessen Lautstärke. Würde man den Erfolg einer Band an der Lautstärke des Gekreisches messen, mit der sie empfangen wird, dann wäre 5SoS wohl klare Nummer eins in diesem Jahr. Unangefochten. Die Fans schreien und singen sich also ihre Seele aus dem Leib. Ein bisschen ist es so, als hätten vier gutaussehende Jungs aus Sydney heute Abend zum allerersten Mal in der Geschichte der Menschheit mit ihrem Dreimaster den Fünften Kontinent verlassen und seien zufällig vor 8000 Fans in Düsseldorf auf ein Riff gelaufen.

Boxen-Türme rechts und links der Bühne erinnern an die 1980er-Jahre, aber da oben stehen nicht Guns n’ Roses oder Van Halen, jedenfalls nicht in Habitus und auch nicht musikalisch, 5SoS erinnern in ihrer Zerbrechlich- und Empfindsamkeit und mit ihren Songs wie „Babylon“ oder „Waste the Night“ eher an Bands wie My Chemical Romance oder Panic! at the Disco. Mit dem kleinen, aber feinen Unterschied: Einen Moshpit, den sucht man heute Nacht vergebens. Stattdessen hüpfen die Fans völlig aggressionslos leichtfüßig hin und her, auf und ab. Zu konstatieren bleibt: 5SoS sind ein Phänomen, sind sie doch weitaus mehr als nur vier australische Post-Teenager, denen man Gitarre, Bass und Schlagzeug und dazu noch ein paar poprock-lastige Lieder an die Hand gegeben hat, und die dadurch – zugegebenermaßen - bei einigen auch ein klitzekleines Bisschen Bilder irgendeiner Boygroup aus den 1990er-Jahren hervorrufen könnten, deren Musik einen leicht faden Plastikgeschmack in sich trägt. Selten war die Mitsubishi Halle dermaßen voll von positiver Energie, voll von ausgestreckten Armen und hingehaltenen Plakaten. Ja, richtig: voll von Plakaten. Aus echter Pappe.  Auf denen steht dann sowas wie „I love you, Luke“. Und wenn der dann auch noch zusammen mit seinen Fans „Taste in your tongue, the smoke in your lungs / And I need your love, and I need your love“ anstimmt, dann ist jedes Smartphone vergessen. Für einen kurzen Moment jedenfalls.

5SoS sind mit ihren Texten und Tönen so nah dran an den jungen Menschen, wie schon lange keine Band mehr vor ihnen. Abstrakte Lebensgefühle wie Freiheit, Gleichheit und Toleranz tänzeln zwischen den Fans herum. Und das Buntsein, das Andersein im Mainstream ist heute Nacht eine klare Haltung. Stellvertretend dafür spielen 5SoS gegen Ende ihres Auftritts noch den Song „Me Myself & I“, und alle singen mit. Wer am nächsten Morgen noch eine Stimme hat, ist selber schuld.


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